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BlueBrixx im Test: Da ist noch Luft nach oben

Seit einigen Jahren hat Lego deutsche Konkurrenz. Mit BlueBrixx hat sich hierzulande ein Anbieter alternativer Klemmbausteine etabliert, der nicht nur chinesische Ware importiert sondern auch eigene Sets und sogar verschiedene Lizenzen im Angebot hat. Herstellen lassen die Jungs aus Frankfurt ihre Sets zwar in China (von Xingbao, um genau zu sein) aber immerhin die Designs sind Eigenentwicklungen, was sie auch immer wieder gern (und zurecht) in Ihren Videos zeigen.

Meinen kürzlichen Besuch in München habe ich zum Anlass genommen, mir in Ihrem lokalen Geschäft dort ein paar Sets zu kaufen um mir endlich auch ein Bild von deren Qualität zu machen und euch einen Artikel dazu liefern zu können.

Das Set: Western Stage Coach Station – 103415

Als erstes Set nehmen wir uns die Western Stage Coach Station mit der Artikelnummer 103415 vor, die ich ausgewählt habe um einen Vergleich zu den Modular Buildings von Lego zu haben, die ich besonders gut kenne und schätze.

Die Fakten

  • Produktbezeichnung: Western Stage Coach Station
  • Produktnummer: 103415
  • Produktreihe: BlueBrixx Pro
  • Maße: 255 x 255 x 220 mm (L x B x H, nur das Gebäude)
  • Teilezahl: 2771

Der Aufbau

Der Aufbau teilte sich in sieben Bauabschnitte von denen 6 für das Gebäude waren und der letzte für die Kutsche. Wer jetzt denkt, dass damit weniger Plastiktüten als bei Lego anfallen, die für ein Set dieser Größe eher 15 Bauabschnitte machen, der irrt. Alleine Abschnitt sieben war in 9 Tüten aufgeteilt und das sortieren der Tüten war eher mühsam, weil die Abschnittsnummern recht klein und schwer leserlich aufgedruckt sind. Für das Öffnen der Tüten hat es eine Schere gebraucht, was man von Lego auch anders kennt.

Das Bauen selbst ging ganz gut von der Hand, die einzelnen Bauschritte waren ein gutes Stück umfangreicher als bei Lego, was einem erfahrenen Bauer eher entgegenkommt. Was für mich nicht wirklich funktioniert, ist das Ausgrauen der bereits gebauten Bereiche. Zwar ist es nicht ganz so schlimm wie z.B. bei den LIDL-Sets, die wirklich aus Farben Graustufen machen, aber auch das reduzieren der Sättigung sorgt oft genug dafür, dass man nicht mehr erkennen kann, an welcher Ecke man gerade was hinbauen muss. Besonders schwierig wird das, wenn man – wie in diesem Sets – drei ähnliche Farbtöne in einem Abschnitt hat und das entsättigte Braun plötzlich dem hellen Braun ähnelt. Die Farben der Anleitung weichen zudem stark von den echten Farben ab, was die Unterscheidung weiter erschwert.

Solange man mit Bricks, Plates und Tiles arbeitet funktioniert der Zusammenbau gut und man bekommt den klassischen Klemmbaustein-Bauspaß, den man von der Konkurrenz kennt. Bei den Spezialteilen wird es dann aber schwieriger. Vor allem Scharniere und Klips sind entweder zu schwach oder viel zu fest, sodass irgendwas nicht gut hält oder eher mit der Wand herauskommt, als sich abnehmen zu lassen. Das Flaschenelement zum Beispiel lässt sich kaum auf eine Noppe bauen, weil es einfach zu steif ist. Dafür rutschen die transparenten Lampenschirme einfach von ihrer Halterung.

Die Fassade war der größte Spaßkiller bei dem Set, weil man hunderte der schrägen Fließen anbringen musste. Hier merkt man den Qualitätsunterschied zu Lego auch deutlich, weil der Druckpunkt viel zu fest ist. Ich musste mehrmals Pause machen, weil mir wirklich die Finger vom Aufdrücken weh taten.

Was auch eher negativ auffällt, ist die Art wie kleine Zwischenmodule gebaut werden. Hier muss man immer wieder Teile erst lose aneinanderlegen und dann eine Lage daraufbauen. Das ist kein großer Kritikpunkt, fühlt sich aber irgendwie unnötig umständlich an.

Das Design

Optisch ist das Gebäude in meinen Augen sehr gut gelungen. Die Farben passen zueinander und die Inneneinrichtung ist detail- und abwechslungsreich. Auch kleine Bauten wie die Tische und Stühle sehen schick aus. Das Vordach mit den verschiedenfarbigen Fließen und die Fassade gefallen mir besonders gut. An manchen Stellen hatte man aber schon das Gefühl, dass es auch darum ging die Teilezahl noch ein wenig in die Höhe zu treiben und ohne großen Mehrwert noch ein paar Billigteile mehr zu verbauen (z.B. die Pflanzen am Rand oder die vielen Flaschen). Das Spiel, mit dem Teilepreis zu Punkten ist ja bei Fremdherstellern bekannt. Schade nur dass im Normalfall – wie auch hier – die Teilevarianz auf der Strecke bleibt. Da die Anleitung leider kein Inventar enthält konnte ich die Anzahl unterschiedlicher Teile und unterschiedlicher Farben nicht bestimmen, beides bleibt aber deutlich hinter einem LEGO Modular zurück. Dafür fallen bei gleichfarbigen Teile praktisch keine farblichen Abweichungen auf, ein Punkt bei dem Lego in letzte Zeit deutlich Federn lassen musste.

Was mir besonders negativ auffällt ist die strukturelle Integrität des Sets. Es gibt einfach zu viele Ecken, die zu leicht abbrechen und wackeln. Beim Aufbau habe ich sogar an einigen Stellen bewusst nicht nach Plan gebaut, weil ich es einfach für sinnvoller halte, Wandteile versetzt zu bauen, um ein stabileres Ergebnis zu bekommen. Einige Stützen stehen aber nach wie vor für sich alleine und die Linke und die rechte Hälfte des Gebäudes sind gar nicht miteinander verbunden und klaffen auseinander, sobald man das Set bewegt.

Völlig unverständlich finde ich in dem Zusammenhang auch die Aufhängung der Vorderachse bei der Kutsche. Die ist nämlich unten trotz genug Platz nicht mehr verbunden, weshalb die Vorderräder bei kleinem Druck von oben bereits zur Seite abbrechen. Eine 2×6-Platte hätte das Problem komplett beseitigt.
Optisch finde ich die Kutsche ansonsten durchaus gelungen, die Pferde gefallen mir (und meiner Nichte) sehr gut, besonders die Hufe.
Das Pferdegeschirr ist gut gemacht und recht stabil, die Seilelemente (die auf den Packungsbildern auch nicht abgebildet sind) hätten sie gerne ganz weglassen können. Wirklich schade ist, dass man das Dach der Kutsche nicht abnehmen kann, das macht deren Innenraum quasi unnutzbar, weil die Türen viel zu schmal für Figuren sind.

Der Service

Ursprünglich war mein Plan, das Set mit Freunden aufzubauen um auch deren Feedback zu bekommen. Leider war das leichter gesagt als getan, weil wir es nicht geschafft haben, an eine digitale Anleitung zu kommen. Es ging schon damit los, dass man zum Download von Anleitungen einen Account auf bluebrixx.com anlegen muss und dazu nicht mal eine Mail-Adresse reicht sondern sofort eine vollständige Anschrift nötig war. Nach mehreren Versuchen musste mein Freund den Anmeldungsversuch noch dazu aufgeben, weil er leider nie die Bestätigungs-Mail für das Double-Opt-In bekam. Bei mir ging es dann (gmail ist wohl bei Blue Brixx beliebter als icloud) aber dann hatten wir weiter Pech. Gerade für dieses Set ist Online nämlich leider gar keine Anleitung vorhanden, was wir vor der Anmeldung auch nicht sehen konnten. Wir mussten den Versuch also hier abbrechen und haben stattdessen das neue Modular von Lego gebaut. Da kommt man ohne Anmeldung mit Googles Hilfe leicht an die nötigen PDFs.
Zum Glück lag wenigstens eine Anleitung in Papierform bei (was wohl nicht immer bei BlueBrixx der Fall ist), deshalb konnte ich das Set dann am Tag darauf bei mir alleine bauen.

Ein Wort möchte ich auch noch zum Teileservice verlieren. Glaubt man der Website lassen sich Ersatzteile nur für einige Special-Sets bestellen (Und das auch nur mit Auftragsnummer), für andere Sets findet sich erstmal kein Hinweis. Hier müsste man also über die allgemeine Reklamation gehen, wobei fraglich ist, ob die sich überhaupt um vor Ort gekaufte Sets kümmert. Bei einem fehlenden oder kaputten Teil müsste ich also vermutlich wieder nach München in den Laden fahren, was den Aufwand im Allgemeinen nicht wert ist.

Fazit

Das Set ist sein Geld wert – mehr aber auch nicht. Wenn man mit dem Aufbau fertig ist und das Ganze vor sich hat, versteht man dann doch warum der große Konkurrent aus Billund für ein ähnlich gelagertes Set das Doppelte verlangen kann. Besonders ernüchtert hat mich die Teilequalität, nachdem man immer wieder ließt und hört, dass da kaum noch ein Unterschied zu Lego besteht. Das stimmt nicht.
Klar, das Plastik stinkt nicht mehr und im Großen und Ganzen funktioniert das Klippen auch. Die Klemmkraft-unterschiede zwischen unterschiedlichen und teilweise sogar bei gleichen Teilen ist aber doch merklich, besonders Scharniere und Klips sind ein großer Schwachpunkt. Andere Hersteller wie Cobi sind hier schon besser. Sogar die Playtive-Sets von LIDL haben einen besseren Eindruck hinterlassen. Lediglich die Farbechtheit kann hier uneingeschränkt überzeugen.
Dazu kommen die Schwächen im Service und die mangelnde Strukturelle Integrität, die auch den Spielwert des Sets stark reduzieren.

Ich habe jetzt noch ein XingBao Set und zwei kleine Star Trek Sets herumstehen, die ich natürlich aufbauen werde aber ansonsten muss ich sagen, dass ich bei Blue Brixx wohl nur noch zuschlage wenn mich ein Set thematisch besonders interessiert. Der Preis allein reicht mir einfach nicht als Kaufgrund, zumal ich die Teile ja auch nicht mit Lego mischen möchte.